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23.11.2017
Tagespraktikum
3 Minuten Lesezeit

Jannike auf Expedition Wirtschaft

von Jannike Stöhr – Ich weiß ja gern, wovon ich rede. Selbst ein Tagespraktikum als Wirtschaftsprüfungsassistentin zu absolvieren, stand für mich deswegen außer Frage, als ich dem IDW zusagte, dessen Kampagne „Expedition Wirtschaft“ zu unterstützen.

 

Mein erstes Tagespraktikum

Über zwei Jahre ist es bereits her, dass ich meine Reise durch 30 verschiedene Berufe in Deutschland, Österreich und Belgien abschloss. Eine Reise, die mein Leben grundlegend verändert hat. Jetzt am frühen Morgen ist es wieder soweit, ich breche auf in meinen offiziellen 31. Job. Und ich erinnere mich noch genau an den ersten Morgen, das erste Mal, dass ich zu wildfremden Menschen ging, um etwas über sie und ihre Berufswahl zu lernen. Nur, dass ich heute nicht in eine Kindertagesstätte fahre, sondern zu dem Mandanten eines Wirtschaftsprüfers, dessen Team ich heute begleiten werde. Wirtschaftsprüfer Patrick Oelze lerne ich im Zug von Berlin nach Hannover kennen. Patrick arbeitet bei Mazars, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, von der ich noch nie zuvor etwas gehört habe. Tatsächlich zählt sie aber zu den zehn führenden Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften in Deutschland.

 

Es ist 6.47 Uhr als Patrick mir bei einem Kaffee im Board-Bistro den Unterschied zwischen Managementberatung und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erklärt. Ein paar Stunden mehr Schlaf wären heute alternativ auch nicht schlecht gewesen. Zwei Stunden später und nicht weniger müde erreichen wir das Firmengelände des Mandanten Nexans. Nexans, lerne ich, ist ein internationales Unternehmen, das Stromkabel herstellt. Beim Werkschutz checken wir ein und ich halte das erste Mal seit meinem Weggang von Volkswagen vor drei Jahren wieder einen Werksausweis in der Hand. Ich werde hier noch sentimental. Dazu bleibt aber keine Zeit, denn ein paar Türen weiter stellen sich Juliane, Christopher und Henning schon als mein Team für mein Tagespraktikum vor. Die drei sind die Wirtschaftsprüfungsassistenten, die unter der Leitung von Patrick eine Prüfung des internen Kontrollsystems bei Nexans vornehmen.

 

 

Was macht überhaupt ein Wirtschaftsprüfer?

„Wir sind übrigens gerade für die Kontrollprüfung hier, Jannike“, sagt Juliane, die als erfahrene Prüfungsleiterin die Prüfungsdurchführung weitgehend selbstständig organisiert. „Das dient der Vorbereitung der Abschlussprüfungen für das bald endende Geschäftsjahr. Die Prüfung der Abschlüsse in dieser Unternehmensgruppe muss, wie in vielen Unternehmen, sehr zeitnah nach dem Abschlussstichtag beendet sein, deswegen bereiten sowohl der Mandant als auch wir im Herbst schon vor, was wir können.“. Für mich als Ahnungslose müssen meine Kollegen mit dem Erklären aber noch einmal ganz von vorne anfangen: Unternehmen müssen also am Ende ihres Geschäftsjahres ihre wirtschaftliche Situation in Abschlüssen offenlegen. Dazu zählt neben dem handelsrechtlichen Jahresabschluss auch der Konzernabschluss nach deutschem Recht, es können aber auch weitere Abschlüsse, zum Beispiel nach internationalem Recht hinzukommen. Solche Abschlüsse braucht man, damit sich interessierte Personen, wie zum Beispiel die Eigentümer, Investoren, Kreditgeber, Lieferanten, Kunden oder die Mitarbeiter über die Lage des Unternehmens informieren können, zum Beispiel in Bezug auf die Gewinnausschüttung. Damit sie den Informationen vertrauen können, schaut sich ein Wirtschaftsprüfer den Abschluss noch einmal genauer an und bestätigt die Ordnungsmäßigkeit oder aber stellt etwaige Unstimmigkeiten fest.

 

Und was hatte es jetzt nochmal mit der Kontrollprüfung auf sich? „Davon kannst du dir persönlich ein Bild machen“, sagt Juliane. „Gleich haben wir nämlich einen Termin in der Buchhaltung. Die Mitarbeiter dort erklären uns, wie der Prozess der Rechnungsbegleichung funktioniert. Wir schauen uns an, ob in diesen Prozess effektive Kontrollen eingebaut sind, zum Beispiel ob Geldzahlungen an Lieferanten durch ein 4-Augen-Prinzip abgesichert sind, und ob diese Kontrollen auch tatsächlich funktionieren. Das machen wir, um festzustellen, wie wirksam der Mandant bereits die Entstehung von Fehlern verhindert. Wenn wir wissen, dass der Mandant solche Prozesse gut organisiert hat und Fehler verhindert werden, können wir unsere Detailarbeit bei der Jahresabschlussprüfung deutlich reduzieren.“ Das leuchtet mir ein. Nach unserem Termin in der Buchhaltung geht es weiter ins Personalwesen. Heimspiel. Jetzt verstehe ich wieder, von was hier geredet wird. Sämtliche Prozesse wie Entgeltabrechnung, Einstellungen und Personalbetreuung werden uns vom Personalleiter persönlich erklärt. Die Prozesse scheinen zu funktionieren. Juliane, Christopher und Henning dokumentieren, was sie von den Mitarbeitern erfahren.

 

 

Und wie werden eigentlich Stromkabel hergestellt?

Am Nachmittag werden wir von Nexans CFO persönlich zu einer Werksführung eingeladen. Schließlich müssen Wirtschaftsprüfer einen Überblick über das Unternehmen haben und wissen wo für den Jahresabschluss maßgebliche Transaktionen stattfinden. Nun lerne ich also auch noch, wie große Stromkabel zum Beispiel für die Verkabelung von offshore Windkraftparks hergestellt werden. Ganz schön interessant, ich bekomme heute zwei Jobs gleichzeitig erklärt. „Das ist eben das Tolle an unserem Beruf“, findet Henning. „Wir bekommen bei den Prüfungen Einblick in so unterschiedliche Unternehmen und Branchen. Da lernt man sehr gut, wie ein Unternehmen funktioniert.“. Juliane und Christopher stimmen ihm zu. „Viele Menschen denken, dass Wirtschaftsprüfer in ihrem Kämmerlein vor Excel-Tabellen sitzen“, sagt Christopher. „Das tun wir zwar manchmal auch, aber meistens sind wir bei den Mandanten, müssen uns mit Ansprechpartnern austauschen und Informationen beschaffen und strukturieren. Bei größeren Unternehmen ist das alleine nicht machbar. Wirtschaftsprüfer müssen deswegen wirklich kommunikativ und teamfähig sein, sonst funktioniert das nicht.“ Nach dem heutigen Tag kann ich das bestätigen. „Kommst du eigentlich im Januar, wenn die eigentliche Prüfung ansteht, wieder?“, fragt mich Juliane. „Oder willst du mal sehen, wie eine Immobilienfirma aufgebaut ist?“. Ja, will ich.

 

Zum Glück darf man mehrere Tagespraktika machen. Vielen Dank an Patrick, Juliane, Henning, Christopher und last but not least an den Mandanten!