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14.08.2018
Wirtschaftsprüfer*in

Börsengänge und neue Tools

Hong Kong und New York waren schon Stationen im Berufsleben von Matthias Koeplin, Jahrgang 1984. Über seine Erfahrungen im Ausland hat er für wirtschaftsprüfer.de gebloggt. Wenn er abschalten will, geht er manchmal in die Luft. Für die Expedition Wirtschaft berichtet er von seiner aktuellen Tätigkeit.

 

Mein Name ist Matthias Koeplin, ich bin Partner Audit Corporate und Partner Capital Markets Advisory bei KPMG, einer der „Big Four“ der Wirtschaftsprüfung. Der Schwerpunkt meiner Arbeit liegt im Bereich Audit Corporate, d.h. in der Abschlussprüfung börsennotierter Konzerne. Daneben bin ich Mitglied der Capital Markets Advisory Group, in der unsere Experten aus Prüfung und Beratung gebündelt sind, um Mandanten bei Kapitalmarkttransaktionen wie z.B. Börsengängen zu begleiten. Ein Börsengang wird ungefähr ein Jahr und länger vorbereitet auf Grund zahlreicher Herausforderungen: Zunächst muss bspw. die Rechnungslegung auf die internationalen Standards IFRS umgestellt werden (diese sind in bestimmten Börsensegmenten Pflicht), falls das Unternehmen diese noch nicht verwendet. Dann kommen die internen Corporate Governance-Prozesse im Unternehmen dran. So muss z.B. sichergestellt werden, dass das interne Kontrollsystem ausreichend ist, und dass das Unternehmen eine Quartalsberichterstattung oder wenn nötig auch Ad-Hoc-Meldungen liefern kann. Wir überprüfen im Rahmen unserer Comfort Letter die Richtigkeit bestimmter Angaben im Börsenprospekt, der der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht durch die Emittenten vorgelegt wird.

 

Spannung vor dem Börsengang

Natürlich geht es dabei um große Summen, aber für uns Wirtschaftsprüfer spielt die Größenordnung keine Rolle, unsere Arbeitsschritte sind immer die gleichen. Oftmals sind die Themen bei kleineren Börsengängen sogar anspruchsvoller, weil hier mehr neu aufgesetzt werden muss. Die Spannung steigt zwei Wochen vor dem Börsengang. Da kann man sich gedanklich die Wochenenden schon einmal reservieren, denn es kann sein, dass am Samstag oder Sonntag dringende Fragen aufkommen, die geklärt werden müssen.

Heute Morgen begann mein Arbeitstag mit ein paar internen Abstimmungscalls. Am weiteren Vormittag nehme ich an einem Workshop teil, in dem es um die Ausschreibung von Abschlussprüfungsmandaten geht, um die KPMG sich bewerben wird. Momentan tut sich einiges: Es werden verhältnismäßig viele Prüfungsmandate neu ausgeschrieben. Das liegt an der Audit Reform in der EU, die verlangt, dass große Unternehmen nach einer bestimmten Zeit ihren Abschlussprüfer wechseln müssen.

 

Die Blackbox lüften

Am späteren Nachmittag fahre ich zu einem meiner Mandanten, um „eine Blackbox zu lüften“: Bei der Abschlussprüfung haben wir Datenanalysen eingesetzt, die wir im Nachgang für den Mandanten weiter aufbereitet habe. Die Ergebnisse präsentiere ich im Unternehmen vor einer Runde aus IT-Spezialisten, dem Datenschutzbeauftragten und Vertretern aus den Fachabteilungen.

Bei KPMG nutzen wir verschiedene Tools zur Datenanalyse. Es gibt bei uns Fokusteams, in denen sich die Kollegen für ein, zwei Jahre intensiv mit einem Tool befassen und darin zu Anwendungs-Experten werden.

 

Fokus auf neue Prüfungsansätze

Durch Datenanalysen erfolgen einfache Abstimmhandlungen automatisiert und der Abschlussprüfer kann vom System identifizierte Auffälligkeiten fokussiert und in der Tiefe nachverfolgen. So gewinnen wir neue Einblicke, die eine Stichprobenprüfung nicht ermöglicht. Die Entwicklung solch neuer Tools ist eine anspruchsvolle und kreative Tätigkeit. Wir haben vielfältige Mandanten mit ganz unterschiedlichen Anforderungen. Die Programme sollen gleichzeitig auch anwenderfreundlich sein. Hier arbeiten wir in multidisziplinären Teams zusammen: Die Fachabteilungen definieren, was das Tool können soll, bei KPMG insbesondere die Fokusteams. Programmiert werden neue Tools bei KPMG von zentralen Entwicklerteams, die in Berlin und in den USA sitzen. Außerdem gibt es auch eine Zusammenarbeit mit großen Softwareunternehmen wie Microsoft und IBM.

 

Die Motivation kommt von innen

Was ich heute im Job brauche, habe ich in verschiedenen Etappen gelernt: Das Fachliche an der Uni, bei der Vorbereitung auf das WP-Examen und während der Berufstätigkeit. Für meine persönliche Entwicklung habe ich aber auch viel aus der Zusammenarbeit mit anderen gelernt; natürlich gehören zu unserem Ausbildungsprogramm auch berufsbegleitend Softskill-Trainings. Das Entscheidende aus meiner Sicht ist aber, sich zu begeistern für das, was man macht, und von innen heraus motiviert zu sein.

 

Mehr Wandel in zehn Jahren als vorher in hundert

Die WP-Branche verändert sich gerade in zehn Jahren mehr als in den hundert Jahren davor. Die Tools, die es jetzt gibt, verändern unsere Art zu arbeiten. Ich schätze es, als Wirtschaftsprüfer frei und selbständig zu arbeiten. Ich kann meine Arbeitstage flexibel einteilen und bin in wechselnden interessanten Projekten. Mich persönlich reizt das mehr als ein Karriereweg in einem Industrieunternehmen.

Anspruchsvoller – breiter – flexibler: So würde ich die Arbeit eines Prüfungsassistenten (des typischen Einsteiger-Jobs in unserer Branche) beschreiben im Vergleich zu früher. Anspruchsvoller, weil einfache Tätigkeiten wegfallen. Breiter, weil in vielen verschiedenen Bereichen experimentiert wird und niemand genau weiß, wohin die Reise geht. Flexibler für die Art, wie wir arbeiten. Unser Geschäft ist ein Projektgeschäft. Aber es müssen nicht immer berufliche sein: Ich kann mich auch zeitweilig einem privaten Projekt widmen, oder einem Lernprojekt, z.B. um wieder für ein Jahr an die Uni zu gehen, um etwas über Datenbanken zu lernen.

Als ich an der Uni war, habe ich Kenntnisse in Excel erworben. Das war als Grundlage ausreichend, wenn man offen für Neues ist. Heutige Studierende könnten ihre Ausbildung um technische Elemente anreichern. Sie können beispielsweise als WiWis einen Kurs in Informatik, Mathematik oder Datenbanken belegen. Oder umgekehrt als Informatiker oder Mathematiker einen Master in BWL anschließen.

 

Das richtige Timing

Für die Unternehmen ist es entscheidend herauszufinden, was Digitalisierung für das konkrete Unternehmen bedeutet und wo das Geld für Investitionen gut angelegt ist. Digitalisierung ist kein Top-down-Thema. Wenn sie nur von der Unternehmensspitze verordnet wird, wird es nicht gut funktionieren. Digitalisierung muss die ganze Unternehmenskultur erfassen. Derzeit liegt das Thema oft bei einzelnen Abteilungen. Aber wenn diese unternehmensintern nicht anerkannt sind, können sie nicht viel ausrichten. Das Timing ist wichtig. Ein Rückstand von zwei oder drei Jahren im Vergleich zu einem Wettbewerber ist schwer aufzuholen.

 

Auszeiten nehmen

Privat steht bei mir die Familie im Vordergrund, mein Sohn ist jetzt zwei Jahre alt. Auszeiten vom Job halte ich für wichtig, um runterzukommen und auch neue Ideen zu bekommen. Das merke ich, wenn ich im Urlaub zwei Wochen komplett abschalte. Mountainbiken in den Alpen hilft gut beim Abschalten; außerdem habe ich einen Flugschein, sodass ich mir die Welt auch manchmal aus der Luft ansehen kann.