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25.03.2019
Berufsorientierung
2 Minuten Lesezeit

Sinnsuche – Wie Arbeit erfüllend wird

von Jannike Stöhr – „Neulich habe ich ein Gemälde von meinem Großvater in der Hand gehabt“, erzählt mir Alex, während er mit seiner Hand in mein Haar greift. „Mein Großvater hat als Künstler etwas Bleibendes hinterlassen. Aber ich? Was bleibt von meiner Arbeit?“ Alex zuckt mit den Achseln, während er mit der Schere an meinem Kopf ansetzt. „Eine Frisur kann einen Tag, ein paar Wochen oder vielleicht auch Monate halten. Aber dann?“

 

Alex ist ein exzellenter Friseur. Mit einer Sinnkrise hätte ich ihn nie in Verbindung gebracht. Wie war das eigentlich bei mir? Ich erinnere mich an meinen Angestellten-Job zurück. Ich erinnere mich an Briefe, die ich an Bewerber gesendet habe, um ihnen den Eingang ihrer Bewerbung zu bestätigen. An Systemeingaben und Powerpoint-Präsentationen und an Mails, Mails und noch mehr Mails. Wenn ich abends nach Hause kam, wusste ich oftmals nicht, was ich den ganzen Tag überhaupt gemacht hatte.

 

 

Was ist eigentlich der Sinn der Arbeit?

Wenn ich abends nicht einmal mehr weiß, an was ich gearbeitet habe, welchen Sinn macht es dann überhaupt, dass ich arbeite? Klar, ich arbeite wegen meines Einkommens: Einer muss die Miete ja schließlich bezahlen. Und ein Urlaub pro Jahr wäre auch nicht verkehrt. Aber sonst?

 

Früher war das sicher einfacher, einen Sinn in der Arbeit zu erkennen. Man hat Gemüse angebaut, Tiere gehalten und Hütten gebaut, um seine grundlegenden Bedürfnisse zu decken. Spätestens, wenn man fror oder hungerte, wusste man wieder, warum man Feuerholz sammelte oder das Gemüsebeet pflegte.

 

Heute leben wir in einer Welt, in der für unsere Grundbedürfnisse in der Regel gesorgt ist. Die Arbeitswelt hat sich in Tätigkeiten aufgeteilt, bei deren Ausübung es schwer fällt, das größere Ganze zu erkennen.

 

 

Warum wird Sinn wieder wichtiger?

Heute wird Sinnfindung immer wichtiger. Es gibt ganze Abteilungen an Purpose Findern in Unternehmensberatungen, Workshops und eigene Job-Portale für Jobs mit Sinn. Immer neue Angebote sprießen aus dem Boden. Aber warum wird der Sinn in der Arbeitswelt immer wichtiger?

 

 

Mehrere Gründe spielen hierfür eine Rolle:

Auf der berühmten Bedürfnispyramide von Maslow hat unsere Gesellschaft bereits einige Stufen erklommen. Wir haben zu essen, ein Dach über dem Kopf und leben in einem friedlichen, demokratischen Land. Die höchste Stufe auf der Maslow´schen Pyramide ist die Selbstverwirklichung. Eine sinnstiftende Arbeit fällt in diesen Bereich, dem aktuell immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.

 

Der Arbeitsmarkt kippt und wird zum Arbeitnehmermarkt. Das heißt, der Bewerber hat zunehmend die Wahl, wo er arbeiten möchte. Kann er sich nicht mit dem Job oder dem Unternehmen identifizieren, sucht er sich eben einen anderen Arbeitgeber. Die Arbeitgeber müssen also etwas dafür tun, um gute Talente anzuziehen. Auch hier kommt die Sinnstiftung ins Spiel.

 

 

Wie kann man eine sinnvolle Arbeit oder Sinn in der eigenen Arbeit finden?

Wie ist das mit dem Sinn? Muss man ihn suchen, den Job wechseln oder für ein freiwilliges soziales Jahr nach Afrika gehen? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Perspektive auf den Job sehr entscheidend darüber ist, ob ich eine Tätigkeit als sinnstiftend oder nicht wahrnehme.

 

Friseur Alex hat seine Sinnkrise mit einem Perspektivwechsel schnell überwunden. „Eine Kundin hat mir berichtet, dass sie an dem Tag, als ich ihr eine neue Frisur gemacht habe, sehr glücklich war“, erzählt mir Alex. „Meine Kundin strahlte ihr Glück aus und lernte einen Mann kennen, mit dem sie mittlerweile verheiratet ist und zwei Kinder hat. Da wusste ich plötzlich wieder, warum ich meinen Job so gern mache und was das Bleibende ist.“

 

Was wir als sinnstiftend empfinden, hängt stark mit unseren Erfahrungen zusammen. Wer bereits im Job ist, kann seine Kunden um ein Feedback bitten. Das kann eine sehr sinnstiftende Wirkung haben. Wer noch im Studium ist, der kann Menschen interviewen, die im anvisierten Bereich arbeiten. „Wann weißt du, dass du einen guten Job gemacht hast?“, kann eine hilfreiche Frage dabei sein. Wenn uns die Antwort bewegt, dann sind wir schon auf einem guten Weg.

 

Berufliches Glück zu finden, ist ein Prozess. Wer seinen Standort auch einmal verlässt und um andere Sichtweisen ergänzt, der hat große Chancen, ans Ziel zu kommen.