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24.08.2018
Wirtschaftsprüfer*in
5 Minuten Lesezeit

Ihr müsst es selbst erleben

Helena Fast, 33 Jahre alt, liebt Action und Bewegung. Bei ihren Prüfungseinsätzen ist sie häufig unterwegs bei Mandanten, die in ganz unterschiedlichen Branchen tätig sind. Auch privat zieht es sie auf Reisen nach Europa oder Asien.

 

Sie fährt gern Auto, geht laufen und wandern, aber sie schätzt auch das gemeinsame Kochen mit Partner und Freunden in der Freizeit. Der Expedition Wirtschaft verrät sie, was der Auslöser für ihren Berufsweg in der Wirtschaftsprüfung war.

 

#Wirtschaftsprüfer digital (5):

Wie digital arbeiten Wirtschaftsprüfer heute – und wie wird das in ein paar Jahren aussehen, wenn ihr auf Jobsuche geht? Für die Expedition Wirtschaft lassen sich einige Berufsangehörige auf ihren Schreibtisch bzw. auf ihren Laptop blicken. Da sie die Interna vieler großer und mittelständischer Unternehmen kennen, erfahrt ihr auch, wie weit dort die Digitalisierung schon fortschreitet.

 

Hallo, mein Name ist Helena Fast und ich bin Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin und Manager bei Deloitte, einer der großen vier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, besser bekannt als Big 4. Zu meinen Kernaufgaben gehört die Prüfung von Jahres- und Konzernabschlüssen von Unternehmen, die in ganz unterschiedlichen Industrien und Branchen tätig sind. Dazu zählen beispielsweise Glashersteller, Backwarenproduzenten, Verpackungshersteller, Personalvermittler und auch ein großes Gastronomieunternehmen, aber auch Unternehmen aus dem Bereich Maschinenbau und Automobilzulieferer. Daneben beteilige ich mich an Angebotserstellungsprozessen (Pitch-Prozessen), wenn ein Unternehmen sein Abschlussmandat neu ausschreibt, z.B. weil gesetzliche Vorschriften dies verlangen. Meine Prüfungserfahrung teile ich mit neuen Kollegen und Kolleginnen im Rahmen von internen Schulungsveranstaltungen für unsere Neueinsteiger und engagiere mich in der Hochschularbeit und diversen Recruiting Veranstaltungen.

 

 

Fordernd, abwechslungsreich und immer in Bewegung

Für mich ist dieser Beruf genau das Richtige: fordernd, spannend, abwechslungsreich und mit viel Menschenkontakt. Immer andere Mandanten, andere Orte, ständig in Bewegung. Auch die Teams sind bei jeder Prüfung immer wieder anders zusammengesetzt, wobei man eine feste Teamstruktur hat und die Kollegen sehr gut kennt.

 

Bevor ich studiert habe, absolvierte ich eine Berufsausbildung zur Steuerfachangestellten in einer mittelgroßen Steuerkanzlei. Ich habe mir dort das notwendige Grundwerkzeug wie z.B. Buchführungskenntnisse angeeignet und gelernt, Finanzinformationen zu verstehen. In der Steuerkanzlei war ich die jüngste Mitarbeiterin und hatte keinen direkten Mandantenkontakt, sondern arbeitete vorwiegend mit einem Kollegen zusammen aus dem Office heraus. Auf Dauer war das nicht das Richtige für mich. Als Grundlage für meinen heutigen Beruf war diese Ausbildung jedoch sehr gut geeignet.

 

 

Meine Entscheidung für den Berufsweg

Ich habe „klassisch“ BWL studiert und 2012 bei Deloitte als Prüfungsassistentin begonnen. Nach dem Erreichen der notwendigen Berufspraxis habe ich das Steuerberatungsexamen (in 2015) und das Wirtschaftsprüfungsexamen (in 2016) abgelegt. Seit Januar 2017 bin ich als Wirtschaftsprüferin bestellt, führe seitdem die Abschlussprüfung eigenverantwortlich durch und unterschreibe Bestätigungsvermerke (Testate). Ausschlaggebend für meine Entscheidung und für diesen Berufsweg war das Praktikum, welches ich im Vorfeld, ebenfalls bei Deloitte, absolvieren durfte. Das Praktikum dauerte 6 Monate und fand in der Zeit von Oktober bis März statt – also in der Busy Season. Wer in der Wirtschaftsprüfung arbeitet, wird den Begriff „Busy Season“ kennen, denn das ist bei uns die heiße Phase, in der die meisten Jahresabschlussprüfungen bei Unternehmen durchgeführt werden, bedingt durch den Jahresabschlussstichtag 31.12. Während meines Praktikums habe ich unheimlich viel gelernt, hatte interessante und abwechslungsreiche Aufgaben und konnte mich bei Fragen immer an Ansprechpartner im Team wenden. Dadurch bekam ich einen sehr guten Eindruck vom Job des Wirtschaftsprüfers. Ich kann jedem Studierenden nur empfehlen, bei Interesse für die WP-Branche ein Praktikum zu absolvieren, um einen Einblick in diesen Beruf zu erhalten. Und wem das Praktikum gefällt, der kommt in der Regel direkt nach dem Studium zu uns und steigt fest bei uns ein, so wie ich und andere meiner Teamkollegen.

 

 

Besser als jede Beschreibung: das Praktikum

Wirtschaftsprüfung bedeutet Teamarbeit! Ein Prüfungsteam kann unterschiedlich groß sein, je nach Mandat und Größe des Unternehmens. Es können zwischen 2 bis 10 Personen sein, die an einer Prüfung gleichzeitig arbeiten. Eine gute Teamstruktur ist für uns sehr wichtig, denn nur wer Spaß an der Arbeit hat, macht sie auch gerne. Deswegen legen wir immer viel Wert auf eine gute Atmosphäre. Dadurch, dass viele Studierende direkt nach dem Bachelor oder Master-Abschluss bei uns einsteigen, haben wir immer junge Kollegen und Kolleginnen, die frischen Wind in unser Prüfungsteam bringen. Unsere Praktikanten übernehmen bei uns zum Teil ähnliche Aufgaben wie ein Neueinsteiger, sofern sie den gleichen Erfahrungsschatz mitbringen. Es werden bei jeder Prüfung Aufgaben verteilt, die jedes Teammitglied, inklusive der Praktikanten, selbstständig erarbeiten soll, um die Ergebnisse im Anschluss mit dem Vorgesetzen zu besprechen oder zur Durchsicht vorzulegen. Man lernt früh mit verantwortungsvollen Aufgaben umzugehen. Dabei stehen alle Türen für Fragen stets offen und es ist ausdrücklich gewünscht, dies auch zu nutzen. Wer viele sinnvolle Fragen stellt, zeigt Interesse an der Tätigkeit, deswegen lege ich persönlich viel Wert darauf. Wer die WP-Branche hautnah erleben will, für den empfiehlt sich auf jeden Fall ein Praktikum in der Busy Season, um die wesentlichen Facetten des Berufs kennenzulernen. 

 

 

Automatisierte Analysen von Massentransaktionen vs. People Business

Die Möglichkeit, schnell und effizient Massentransaktionen im Unternehmen auswerten und analysieren zu können, wird auch in der Wirtschaftsprüfung immer wichtiger. Es werden kontinuierlich immer mehr Hilfsmittel, Tools oder Programme (weiter-)entwickelt, die es uns ermöglichen diese Massendaten gut aufzubereiten und zu analysieren. Hier ein kleines Beispiel: Man kann mit bestimmten Tools die Datenströme, die in einem Unternehmen vorkommen, visualisieren – z.B. im Prozess von der Bestellung bis zur Bezahlung einer Ware. Visuell kann dieser Prozess so aufbereitet werden, dass alle „normalen Vorgänge“, so wie sie im Unternehmen regelmäßig anfallen, als ein Hauptstrom (z.B. dicker Strang) dargestellt werden. Alle Vorgänge, die entweder selten oder wertmäßig besonders hoch sind, können als Abzweigungen oder Ausreißer von diesem Hauptstrom gut sichtbar aufgezeigt und damit besser und gezielter analysiert werden. Denn genau diese Ausreißer stellen vielleicht ein Risiko dar, das ich mir als Wirtschaftsprüferin etwas näher anschauen möchte. Nicht jede Auffälligkeit ist per se ein Fehler oder risikobehaftet, aber ich kann genau dort gezielter nachfragen. Trotz aller technischen Unterstützung sind die Befragung des Mandanten und das Führen von Prozess-Interviews essentiell und können auch durch die beste Datenanalyse nicht komplett ersetzt werden. Die Wirtschaftsprüfung ist und bleibt ein People Business. Die Erkenntnisse aus den Datenanalysetools liefern aber einen echten Mehrwert sowohl für uns Wirtschaftsprüfer als auch für unsere Mandanten. 

 

 

IT-Kollegen als Teil des Teams

In unseren Prüfungsteams befinden sich regelmäßig auch Kollegen aus unserer internen IT-Abteilung. Die IT-Spezialisten sind schon bei den ersten Vorgesprächen mit dem Mandanten vor dem Prüfungsstart dabei und erklären dort ihren Einsatz und Prüfungsumfang. Auf Mandantenseite sprechen sie mit dem dortigen IT-Administrator oder IT-Leiter, während wir Prüfer mit den Ansprechpartnern aus dem Rechnungswesen kommunizieren. So sind immer Personen miteinander in Kontakt, die dieselbe Sprache sprechen.

 

Die Aufgabe der IT-Spezialisten ist z.B. sich das ERP-System (Enterprise-Resource-Planning) des Mandanten im Detail anzusehen. Das SAP-System ist beispielsweise so ein ERP-System. Die IT-Kollegen überprüfen dabei das Berechtigungskonzept und das Change-Management. Zur Prüfung des Berechtigungskonzepts gehört die systemseitige Einstellung über die Vergabe von Rechten und Berechtigungen (User-Management). Hierzu muss es im Unternehmen ein sog. sicheres Konzept geben, das verhindert, dass beispielsweise „erfundene User“ im System Einträge vornehmen dürfen. Teil des User-Managements ist auch, dass Passwörter nach einem bestimmten Muster aufgebaut sein oder innerhalb bestimmter Zeitgrenzen geändert werden müssen. Beim Change-Management geht es darum, dass Systemveränderung nur in begründeten Fällen vorgenommen werden und dafür eine ausreichende Dokumentation vorhanden sein muss. Werden diese beiden Bereiche nach der IT-Prüfung als „nicht effektiv“ eingestuft, hat das Auswirkungen auf unsere Abschlussprüfung. In diesem Fall können wir uns nicht auf die automatischen Systemkontrollen verlassen und müssen dann klassisch über Stichproben prüfen, was einen Mehraufwand bedeutet. Ein voll funktionierendes und als „effektiv“ eingestuftes IT-System ist für uns daher sehr wichtig. 

 

 

Was kommt vor den Robotern?

In aller Munde ist zur Zeit der Begriff Digitalisierung. Industrieunternehmen beschäftigen sich zunehmend mit der Industrie 4.0 und der Suche nach intelligenten Lösungen. Durch Vernetzung sollen die Produktionsverfahren so optimiert werden, dass Menschen, Maschinen, Logistik und Produkte direkt miteinander kommunizieren und kooperieren, um so eine optimale Wertschöpfungskette zu erreichen. Ein weiteres Digitalisierungsthema bei einer Vielzahl unserer Mandanten ist Cloud Computing. Dabei geht es unter anderem um die Auslagerung von Unternehmensdaten oder ganzen IT-Infrastrukturen in die Cloud. Der Zugriff auf die Cloud geschieht ausschließlich über das Internet. Hier spielt natürlich das Thema Datensicherheit eine große Rolle.

 

Für diese Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung werden spezifische Kenntnisse benötigt und daher zunehmend spezialisierte Studiengänge nachgefragt, die zum Teil bereits angeboten werden. So kann man heute z.B. E-Commerce – als eigenen Studiengang – studieren. Die Verlagerung vom Shopping im Ladengeschäft vor Ort hin zum Online-Handel ist für uns alle nicht zu übersehen. Schon heute laufen im Hintergrund umfangreiche Rechenprozesse, damit mir im Onlineshop interessante Produkte angezeigt werden – noch bevor ich selbst daran gedacht habe. Ein weiterer spürbarer Trend betrifft Plattformen wie Instagram oder Youtube. Hier entstehen Berufe, die für viele junge Menschen erstrebenswert sind. Youtube-Stars und sog. Influencer erreichen extrem hohe Klick-Zahlen und erreichen sehr schnell und ohne Umwege ihre Zielgruppen. In 20 oder 40 Jahren werden wir vielleicht mit Robotern zusammenarbeiten, wer weiß?

 

Für unsere Branche steht als nächster und jetzt schon greifbarer Schritt das Thema Big Data und damit die Massendatenanalyse von Finanzinformationen an. Denn für uns ist es besonders wichtig Unternehmensprozesse zu verstehen und die Risiken zu erkennen. Analyseverfahren helfen uns dabei die Zusammenhänge, aber auch mögliche Ausreißer oder Anomalien, zu erkennen und aus diesen Erkenntnissen die gezielte risikoorientierte Prüfungsstrategie abzuleiten. 

 

Gute Zukunftsaussichten in der WP-Branche

Die Mehrheit meiner Kollegen und der Neueinsteiger in der Wirtschaftsprüfung haben bisher noch den klassischen BWL Background. Der Einstieg bei Deloitte ist sowohl mit dem Bachelor- als auch mit dem Master-Abschluss möglich. Aus heutiger Sicht würde ich Studierenden empfehlen, nach Möglichkeit Wahlfächer oder Zusatzmodule aus dem Bereich IT, Digitalisierung, BigData oder ähnliches in ihr „klassisches“ BWL-Studium zu integrieren. Für eine Einstellung ist ein Interesse an der Datenanalyse und/oder IT-Programmierung ein Pluspunkt, aber keine Voraussetzung. Bei vertieftem Interesse an der Beschäftigung mit IT-Systemen stellt die Tätigkeit als IT-Spezialist als Teil des Prüfungsteams eine spannende Alternative dar und bietet gute Zukunftsaussichten vor allem in der Wirtschaftsprüfungsbranche.